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Test

von  Jan "DasJan" Schneider
23.12.2003
Dark Fall
Getestet auf Windows, Sprache
  • Deutsch
  • Englisch

Die Adventure-Flut, die Dreamcatcher Europe uns beschert, hält weiter an. Als einer von drei Titeln im Dezember steht jetzt auch Dark Fall in den Läden - für sensationell günstige 16 Euro! Wir haben untersucht, ob sich Dark Fall dadurch zum Kauftipp macht oder ob sich auch dieses Spiel, das fast im Alleingang von einer Person entwickelt und zunächst nur über das Internet vertrieben wurde, in die qualitativ meist unterdurchschnittliche Dreamcatcher-Kost einreiht.

Ich höre tote Menschen...

Der 29. April 1947. Zwölf Personen verschwinden spurlos aus einem Hotel in einem britischen Kaff namens Dowerton, darunter die Besitzerin, ihre Tochter und eine bekannte Theaterschauspielerin. Die Polizei ist ratlos, Zeugen gibt es keine. Das verlassene Gebäude wird nie wieder bewohnt, Einheimische erzählen sich Geistergeschichten und der angrenzende Bahnsteig wird nicht mehr angefahren und verwahrlost.

Über 50 Jahre später reist der Bruder des Protagonisten, ein Architekt, zu dem Hotel, um dort ein neues Gebäude zu planen. Er trifft auf zwei selbsternannte Geisterjäger, die an einer halbwissenschaftlichen Arbeit über Geistererscheinungen arbeiten. Ein verängstigter Anruf des Bruders bewegt den Spieler dazu, selbst nach Dowerton zu reisen, um nach dem Rechten zu sehen.

Man findet das Hotel völlig verlassen vor, wird aber gleich zu Beginn von den Stimmen der ansässigen Geister begrüßt. Von jetzt an gilt es, das Rätsel des alten Gebäudes, zu entschlüsseln und den verloren gegangenen Bruder wiederzufinden – tot oder lebendig.

Dark Fall setzt voll auf die unheimliche Atmosphäre – auf Dialoge, beeindruckende Optik oder LucasArts-Slapstick muss man verzichten. Dies ist aber durchaus gelungen, zieht das Spiel doch gerade aus der Verlassenheit des verfallenen Gebäudes sein gruseliges Spielerlebnis. Zartbesaitete Gemüter werden nach einer spätabendlichen Partie Dark Fall sicher den allabendlichen Gang durch den schwach beleuchteten Keller (hmm...) eher auf den nächsten Tag verschieben.

Rätsel

Die Möglichkeiten für Rätsel sind in Dark Fall sehr begrenzt. Keine Dialoge und ein minimales Inventar (nicht mehr als 10 Gegenstände im ganzen Spiel, die sich nicht miteinander kombinieren lassen) lassen keine besonders große Vielfalt aufkommen. Aus der gegebenen Situation hat Schöpfer Jonathan Boakes aber das beste gemacht. Überall in dem Hotel verbergen sich kleine Rätsel, die aber nicht völlig motivationslos aus dem Nichts kommen, sondern sinnvollen Bezug zur Story haben. Sich Notizen zu machen ist Pflicht in Dark Fall, nie artet ein Rätsel aber in endlose Kombinationsorgien aus.

Da sich fast das ganze Hotel von Anfang an erreichen lässt, funktioniert das Spiel sehr nichtlinear, die Reihenfolge vieler Rätsel ist beliebig. Trotzdem gelingt es Boakes, den Spieler nach und nach gezielt mit Informationen zu füttern und so ganz langsam die Situation 1947 zu erläutern. Dazu muss man natürlich bereit sein, einige Dokumente (z.B. Tagebücher) zu lesen, diese sind aber so interessant geschrieben und auch im Wesentlichen gut übersetzt, dass hier genug Motivation besteht. Erst am Ende verjüngt sich alles zu einem „Haupträtsel“, mit dem das Spiel endet.

Gruselgrafik

Grafisch bietet Dark Fall eher mäßige Kost. Die meiste Zeit klickt man sich in der Ego-Perspektive durch unbewegte Standbilder, Animationen beschränken sich auf das Nötigste. Das Hotel ist vollständig vorgerendert, praktisch jeder Raum begehbar. Während einige Räume viele Details zeigen, steht man des öfteren auch vor einem großen, einförmigem Stück Wand. Farblich reicht die Skala meistens von grau über braun bis schwarz – alles andere wäre in einem Gruseladventure aber auch eher deplatziert. Eher fällt da ins Gewicht, dass die Hintergründe so aussehen, als seien sie auf 256 Farben reduziert worden – vieles wirkt körnig und komprimiert.

Animationen sind, sofern sie denn auftauchen, von angemessener Qualität und gut in die Hintergründe integriert. Meistens handelt es sich dabei aber nur um vorbeihuschende Schatten und andere Kleinigkeiten, die die Atmosphäre noch beklemmender machen.

Der größte Teil der Stimmung wird aber nicht durch die dunkle Grafik, sondern die unheimliche Vertonung erzeugt. Zwar enthält Dark Fall so gut wie keine Musik, doch sorgen viele Soundeffekte und beängstigende Stimmen aus dem Jenseits für Grusel pur. Die englischen Stimmen wurden nicht lokalisiert, immerhin aber mit deutschen Untertiteln versehen – was vielleicht die bessere Entscheidung war, denn die Originalstimmen sind sehr gut aufgenommen und können einen aus dem Nichts kommend gehörig erschrecken. Ihr Übriges tun die vielen Effekte: Entferntes Klopfen, mysteriöses Klaviergeklimper aus dem verlassenen Hotel, das Knarren einer Tür... Unheimlich!

Klein aber oho

Eine beeindruckende Leistung, die der unabhängige Entwickler Jonathan Boakes hier fast im Alleingang erbracht hat. Technisch zeigt sich Dark Fall zwar eher minimalistisch, der wahre Adventure- und Grusel-Fan weiß aber die sehr gelungen aufgebaute unheimliche Atmosphäre zu schätzen. Es dürfte keine 10 Stunden dauern, bis man das Rätsel des Hotels und dessen einstigen Bewohnern gelöst hat, bei dem erfreulich günstigen Markteinführungspreis von nicht mal 16 Euro ist das aber nicht kritikwürdig und Dark Fall schon fast Kaufpflicht für alle, die sich gerne gruseln.

Bei dem Preisleistungsverhältnis wartet man auch gerne auf den Nachfolger, der 2004 erscheinen soll.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Dark Fall ist nicht besonders groß, nicht besonders schön, aber unglaublich unheimlich. Ich war auch überrascht, dass die eigentlich recht einseitige Rätselkost durchaus Spaß macht. Ich hab mich immer mehr dafür interessiert, was in dem Hotel vorgefallen ist und was für Beziehungen die Bewohner zueinander hatten. Zu dem Preis ein ganz klarer Kauftipp!

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Gruselstimmung
  • Interessantes Hotel
  • Soundkulisse
  • Dumping-Preis
  • Grau-braun-schwarze Matschgrafik
  • Kaum Musik
  • Kurz