Anzeige

Test

von  Hans Pieper
31.10.2015
Nevermind
Getestet auf Windows, Sprache
  • Deutsch
  • Englisch

Angespielt : In diesem Video erhaltet ihr einen kurzen Einblick in das Spiel.

Es ist eine für viele Psychologen interessante Vorstellung: Ein entsprechend trainierter Mitarbeiter einer Klinik dringt in das Unterbewusstsein von Patienten ein, um die Ursache für deren Trauma zu finden. Tief im Verborgenen liegt der Schlüssel zu aktuellen Problemen und wenn dieser gefunden wird, ist alles wieder gut. Nevermind lässt den Spieler die Rolle eines solchen Mitarbeiters übernehmen und schickt ihn auf einen Horrortrip in das Unterbewusstsein von drei Patienten.

Die Traumata der Patienten äußern sich <br /><br />auf unterschiedliche Art und Weise

Bildersuche

Die traumatischen Ereignisse liegen tief im Unterbewussten der drei Patienten begraben. Entsprechend beginnen alle drei Untersuchungen an einem noch recht freundlichen Ort. Dieser wird aus der Egoperspektive und per WASD-Steuerung näher erkundet. Dabei gilt es, jeweils insgesamt zehn Bilder mit Text zu entdecken. Doch nur fünf davon haben direkt mit dem Trauma zu tun, die anderen sind falsche Erinnerungen oder Verdrängung. Deshalb müssen die fünf korrekten Bilder am Ende ausgewählt und in die richtige Reihenfolge gebracht werden, um die Traumata zu rekonstruieren. Für eine vollständige Heilung müssen zudem nicht weiter verwendbare Objekte entdeckt und betrachtet werden. Die einzelnen Kapitel gelten aber auch als abgeschlossen, wenn dies nicht erledigt wird. Bestimmte Gegenstände können per Maustaste aufgenommen oder verwendet werden. Durch das Auffinden von Bildern werden nach und nach alle Bereiche des Unterbewusstseins geöffnet. Dabei entwickeln sich die zunächst einigermaßen alltäglichen Umgebungen (ein Waldweg, ein Hinterhof, eine Stadt) zunehmend in gruselige und abstrakte Horrorversionen ihrer selbst. Das wirkt im Gesamtbild ebenso stimmig wie die Grafik. Zahlreiche Details an den Schauplätzen lassen einen tiefer in die Umgebung eintauchen. Durch sehr spärlich eingesetzte Animationen wirken die 3D-Welten jedoch ein wenig steril.

Die Grafik ist detailreich <br /><br />aber insgesamt etwas bewegungsarm

Wehrhafte Vorstellung

Da sich jedes Unterbewusstsein mit der Zeit immer stärker gegen den Spieler als Eindringling wehrt, gibt es mindestens ein Element, das einen Neuanfang des aktuellen Abschnittes provoziert. So fügen beispielsweise sich wild verschiebende Bänke oder Autos auf einer Schnellstraße so lange Schaden zu, bis eine bestimmte Grenze erreicht ist und ein Zurücksetzen ausgelöst wird. Glücklicherweise verlangen diese Abschnitte nicht allzu viel Geschick und der unsichtbare Schadensbalken ist recht groß, sodass hier keine Frustration aufkommen sollte. Allerdings nur, wenn der Spieler auch versteht, was ihn gerade umbringt. Im Unterbewusstsein des dritten Patienten gab es gegen Ende eine Situation, in der wir beim Test vom Zurücksetzen überrascht wurden, weil zunächst nicht ganz klar war, wo denn nun das Problem lag.

Wer hier mehrfach nicht aufpasst,<br /><br />wird aus dem Unterbewusstsein geschmissen

Wohl dosierter Horror

Nevermind spielt mit dem unguten Gefühl, dass gleich etwas sehr Unheimliches oder Ekliges zu sehen sein könnte und tut dies hin und wieder auch. In den meisten Fällen hält sich das Spiel aber eher zurück, was dem Horror tatsächlich gut tut. Denn deutlich gruseliger als plakative Effekte ist meist die eigene Vorstellung. Dennoch gibt es auch Blut, abgetrennte Puppenkörperteile und verdächtig an Innereien erinnernde Elemente zu sehen. Dazu gesellen sich einige Jumpscares. Gleichzeitig bietet das Spiel häufiger Verschnaufpausen an, in denen Spannung und Horror kurz nachlassen, bevor beide Elemente wieder intensiver werden. Während sich der Durchschnittsspieler vorher gut überlegen sollte, ob er mit dem Spiel zurechtkommt, werden Horrorfans sicherlich gut bedient. Wer die Erfahrung noch ein wenig intensiver gestalten möchte, kann einen Pulsmesser anschließen. Das Spiel bestraft dann Nervosität und Angst und wird schwerer. Da uns kein solches Equipment zur Verfügung stand, konnten wir dies jedoch nicht testen.

Dieses Gerät ermöglicht die Reisen

Nebensache Rätsel

Rätsel gibt es zwar in jedem Unterbewusstsein, diese sind jedoch nicht besonders stark ausgeprägt oder schwer. Meist gilt es, Gegenstände aus der nahen Umgebung aufzunehmen und passend einzusetzen oder Objekte zu manipulieren. Der Fokus liegt mehr auf der genauen Beobachtung, mit der die Anordnung der richtigen Bilder zum Abschluss überhaupt erst möglich wird. Daran haben wir uns im Unterbewusstsein des dritten und letzten Patienten ein wenig gestoßen. So besonders logisch wollte uns sein Trauma und vor allem dessen Auswirkung nicht erscheinen. Entsprechend lange dauerte es, die korrekte Anordnung zu finden. Insgesamt gehen die Rätsel in Nevermind am ehesten als nettes Beiwerk durch.

Rätseltechnisch bleibt der Titel eher fad

Lieber hinhören als mitlesen

Geräusche und Musik sind passend gesetzt und auch die englischen Sprecher leisten durchschnittliche bis gute Arbeit. Die deutsche Übersetzung in Textform ist zwar insgesamt recht gut gelungen, spart jedoch vor allem beim dritten Patienten eine Menge Dialogzeilen aus. Ein weiteres Problem ist ein Wortspiel mit einem Sprichwort im Englischen, das in der (an sich guten) deutschen Übersetzung dazu führt, dass die Lösung für ein Rätsel nur über Umwege entdeckt oder erraten werden kann. Gute Englischkenntnisse sind also trotz Übersetzung notwendig.

Unterwegs gibt es auch schöne Orte zu entdecken

Was, schon aus?

Nachdem der Spieler aus dem Unterbewusstsein des dritten Patienten in sein Büro zurückkehrt, bleibt nur ratloses Herumwandern. Kein Abspann, keine neue Notiz. Das Spiel ist aus – nach nur einer bis zwei Stunden Spielzeit. Das ist mit das größte Manko von Nevermind. Denn so gut die drei Fälle umgesetzt sind, so stark stellt sich das Gefühl ein, dass das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft ist.

Fazit

Nevermind hat enorm viel Potenzial. Es basiert auf einer cleveren Idee, deren Geschichte gut in das Spiel und die Umgebung integriert ist. Das Spiel trifft ein gutes Horror-Niveau und ist kunstvoll in Szene gesetzt. Leider sind die Rätsel eher schwach ausgeprägt und die Logik hinter den Problemen des dritten Patienten hinkt aus unserer Sicht ein wenig. Die mit etwa ein bis zwei Stunden sehr kurze Spielzeit hinterlässt ebenfalls das Gefühl, dass das eigentliche Potential längst nicht ausgeschöpft wurde. Aber vielleicht gibt es ja irgendwann noch mehr Patienten in Form einer Erweiterung. Wünschenswert wäre dies auf jeden Fall. So hinterlässt das Spiel zwar einen guten, aber keinen sehr guten Eindruck.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Wie auch in unserem Video aus der Reihe angespielt deutlich zu sehen ist, habe ich mich ziemlich gegruselt. Und sowohl die Atmosphäre als auch die Grundidee von Nevermind fand ich enorm reizvoll. Allerdings bleibt das Spiel rätsel- und längentechnisch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück und hinterlässt ein unbefriedigendes Gefühl. Anders gesagt: Bitte mehr davon!

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Sehr gute Idee
  • Spannende Erzählung
  • Gelungene Umsetzung der Geschichte ins Spiel
  • Gutes Horrorniveau mit Verschnaufpausen
  • Unbefriedigendes Ende nach zu kurzer Zeit
  • Leichte Logiklücken
  • Schwache Rätsel