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Test

von  Janina Brünner
04.06.2017
Sandra and Woo in The Cursed Adventure
Getestet auf Windows, Sprache
  • Deutsch
  • Englisch

Mit Sandra and Woo in the Cursed Adventure stellt das Studio Feline Fuelled Games nach vier Jahren Entwicklungszeit ihr erstes Adventure fertig. Es basiert auf einem Webcomic und soll auch spielbar sein, ohne diesen zu kennen. Außerdem versprechen die Entwickler eine Point-and-Click-Steuerung, zehn Stunden Spielzeit und eine vollständige deutsche Sprachausgabe. Ob das Spiel die Adventureherzen höher schlagen lässt und ob es sich dabei tatsächlich um ein klassisches deutschsprachiges Adventure handelt, wie sie mittlerweile selten geworden sind, verraten wir euch in diesem Test.

Das optionale Tutorial

Virtuelle Reise ins Mittelalter

Direkt vor Spielbeginn darf sich für oder gegen ein optionales Tutorial entschieden werden. Jenes gibt schon mal einen kleinen Einblick auf die Charaktere, mit denen Sandra im Spiel konfrontiert wird und erklärt ungeübten Adventurespielern, wie die Steuerung funktioniert. Das Tutorial ist für das Verstehen der Geschichte nicht relevant, aber nett gemacht. Es bietet eine Art zusätzliches Kapitel, welches wegfällt, wenn sich der Spieler dagegen entscheidet. Auch die eigentliche Startsequenz ist etwas verändert.

Nach dem kurzen Intro ist das Spiel linear aufgebaut und es erfolgt eine langsame und durchaus zähe Einführung in die bizarre Geschichte, wenn mit Sandra zunächst ein Schwanenkostüm gebastelt werden muss. Der Spieler trifft auf den sprechenden Waschbären Woo, den Sandra als Haustier hält. Außerdem sind ihre Freunde Pyromanen und burmesische Freiheitskämpfer. Ansonsten führt Sandra ein normales Teenagerleben, mit gewöhnlichen Problemen.

Die Geschichte, in die sie dann gezogen wird, weicht allerdings von der Normalität einer Schülerin ab. So landen Sandra und Woo in einem verfluchten Videospiel, in das sie ein von einem bösen Hacker-Genie entwickeltes, Computervirus zieht und stürzen damit in ein besonderes Abenteuer. In der mittelalterlichen Spielwelt finden sie sich in einer Festung im Belagerungszustand wieder und müssen sich auf die Suche nach einem Ausweg begeben, während sie auf Drachen und andere skurrile Charaktere treffen. Dabei tauchen im Mittelalter immer wieder Gegenstände aus der Neuzeit auf, so dass beide Welten miteinander vermischt werden.

Ihre Freunde in der realen Welt versuchen derweil Sandra und Woo zu befreien, so dass automatisch zwischen realer und virtueller Spielwelt sowie den Spielcharakteren gewechselt wird. Die Zeit spielt gegen sie, denn am Horizont erwacht ein dunkler Schatten, der alles zu verschlingen droht.

Das Hacker-Genie

Klassische Point-and-Click-Steuerung

Die Entwickler haben eine klassische Maussteuerung versprochen und halten sich daran. Als Adventurespieler dürften also keine Steuerungsprobleme entstehen. Mit der linken Maustaste werden die Spielcharaktere bedient, Objekte manipuliert oder eingesammelt, Personen angesprochen und Räume gewechselt - ganz so, wie es aus einem Adventure bekannt ist. Mit der rechten Maustaste dürfen die Hotspots näher angesehen werden, um mehr Hintergrundinformationen zu erfahren. Diese sind für heutige Adventures zahlreich vorhanden und zum Teil optional anklickbar, da nicht alle für das Spielgeschehen Verwendung finden. Mit der Leertaste kann die Hotspotanzeige aktiviert werden. Das Inventar wird durch ein Rucksacksymbol auf dem Bildschirm aufgerufen, welches über das Menü ausblendbar ist. Alternativ ist die Bedienung mit der Taste "I" oder dem Mausrad vorgesehen. Die Kombination von Gegenständen im Inventar sowie mit der Spielwelt ist möglich und nötig.

Erste Aufgabe: Das nächtliche Basteln eines Kostüms

Nerviges Rumprobieren - noch nervigere Minispiele

Die klassische Rätselkost verlangt dem Spieler einige Geduld ab. Auf den ersten Blick wirkt Sandra and Woo wie ein Spiel für jüngeres Publikum. Nicht nur die Grafik lässt diesen Schluss zu. Auch das Alter der Protagonisten, das Setting und die zu lösenden Aufgaben lassen darauf schließen. So muss direkt zu Beginn ein Kostüm gebastelt werden, welches in einer Schulaufführung zum Einsatz kommen soll. Da Sandra dies zu einer nachtschlafenden Zeit einfällt, bekommt sie dafür auch Ärger von ihrem Vater. Allerdings sind die Rätsel alles andere als leicht zu lösen und enden häufig in gefrustetem Rumprobieren. Natürlich könnte sich der Spieler die Frage stellen, warum er überhaupt ein Kostüm bauen muss, wo die Relevanz für die eigentliche Geschichte zunächst nicht ersichtlich ist. Schönreden kann er sich das Ganze, indem diese Aufgabe als weitere Einführung in das Spielprinzip angesehen wird. Doch wenn in dieser Sequenz nach einer halben Stunde keine Fortschritte zu verzeichnen sind, weil die Lösung nur durch Abarbeiten aller möglichen Optionen offenbart wird, übernimmt der Frust die Überhand. Leider ist dies kein Einzelfall. Natürlich ist positiv zu vermerken, wenn der Spieler nicht nur an die Hand genommen wird, sondern selber denken muss. Dann sollte allerdings klar werden, worauf die Entwickler hinauswollen, der Sinn und ein Ziel vor Augen erkennbar sein sowie ein logischer Einsatz von Gegenständen erfolgen. Außerdem wäre bei dem kindlichen Setting sogar ein niedrigerer Schwierigkeitsgrad infrage gekommen.

In einem Fall kam es zu einem Bug, der einen Gegenstand aus dem Inventar verschwinden ließ. Dadurch konnte das Spiel nicht fortgesetzt werden. Stattdessen war das Laden eines älteren Speicherstandes nötig. Da eine Speicherung jederzeit erfolgen kann und unbegrenzt Speicherplätze zur Verfügung stehen, konnte dies schnell behoben werden. Ärgerlich ist so etwas trotzdem, da es unnötig Zeit kostet.

Neben den typischen Rätseln gibt es auch einige Minispiele zu absolvieren. Deren Sinn scheint größtenteils bis zum Schluss nicht erkenntlich. In einem Fall müssen zum Beispiel möglichst schnell Farbfelder in der richtigen Reihenfolge angeklickt werden, um eine Pumpe zu bedienen. Außerdem soll sich der Spieler in einem Minispiel merken, hinter welchen Karten ein Gegenstand versteckt ist. Wählt er die richtigen Karten aus, bekommt er diesen Gegenstand am Ende. Das ist nicht schwer, aber dient maximal zur Streckung der Spielzeit und wirkt ansonsten deplatziert. Besser integriert ist da das Hacker-Minispiel, welches zumindest logisch den Fortschritt der Geschichte begünstigt. Es gehört zu den schwereren Minispielen, die nach Beendigung eines Levels überspringbar sind. Im Spiel lassen sich an verschiedenen Stellen CDs finden, welche für Bonuspunkte stehen. Nach Spielende können dadurch im Menü optionale Level eines Minispiels freigeschaltet werden.

Eines der unpassenden Minispiele

Schwankende Sprachausgabe

Was sofort auffällt, sind die Namen, die allesamt in englischer Form ausgesprochen werden, obwohl es sich bei dem Spiel um eine deutsch-österreichische Produktion handelt. Zwischen der deutschen und englischen Sprachausgabe kann bei jedem Spielstart entschieden werden. Leider ist deren Qualität schwankend. Zwar sind viele professionelle Sprecher engagiert worden, die unentgeltlich gearbeitet haben und häufig aus dem Hörbuchbereich kommen, doch einige Stimmen wollen einfach nicht zu den Charakteren passen. So hat zum Beispiel Sandras Freundin Larisa einen starken Akzent. Dieser kann vom Spieler akzeptiert werden, da Larisa russische Wurzeln hat. Allerdings klingt die Stimme nicht wie die eines Teenagers. Daran leidet die Atmosphäre, obwohl die Sprecher der Hauptcharaktere ansonsten durchaus einen guten Job machen. Die Nebencharaktere sind zum Teil noch schlechter ausgewählt. Übrigens ist die englische Sprachausgabe auch nicht besser. Doch zumindest sind die Texte in beiden Versionen fehlerfrei und richtig betont eingesprochen und die Sprachausgabe kann unabhängig von Musik und Sound in der Lautstärke verstellt werden. Die Untertitel sind bei Bedarf ausblendbar und passen meistens zum gesprochenen Text.

Das Dialogsystem ist nicht immer optimal programmiert. So können manchmal mehrere Punkte abgearbeitet werden, doch häufig endet das Gespräch zunächst und eine erneute Ansprache der Person ist nötig, um den nächsten Punkt auszuwählen. Einige Texte werden dadurch mehrmals gehört. Auch verschwinden die bereits abgearbeiteten Dialoge teilweise erst, wenn ein großer Fortschritt in der Geschichte zu verzeichnen ist. Dies ist nicht konsequent der Fall, so dass manche Dialoge doppelt angehört werden können, andere dagegen nicht.

Die Musik ist gut gewählt und nicht zu aufdringlich, wenn auch nicht besonders abwechslungsreich. Die sonstigen Geräusche sind ebenfalls nett, so zwitschert zum Beispiel ein Vogel im Hintergrund, der auch auf dem Bildschirm zu sehen ist.

Die ansehnliche Grafik...

Comiclook

Die Grafik ist komplett in einem 2D-Comiclook gehalten. Dieser ist größtenteils schön anzusehen und passt zum Stil des Webcomics, auch wenn gerade bei der Kreativität von Gebäuden gespart wurde. Direkt zu Beginn des Spiels müssen mehrere Lichter bedient werden. Entstehende Schattenwürfe sind passend eingebaut. Ansonsten haben Pflanzen verschiedene Farbnuancen erhalten und im Hintergrund sind immer wieder Animationen zu sehen, zum Beispiel wenn Schmetterlinge ihre Flügel bewegen oder Autos vorbeifahren. Allerdings wiederholen sich diese schnell und wirken dadurch nicht natürlich. Auch die Animationen der Personen sind nett anzusehen, etwa wenn Sandra einen Zauberstab schwingt oder einen Hut auf den Armen balanciert. Leider sind die Bewegungen der Personen eher steif und nicht flüssig, tatsächlich hinken sie dem Spielgeschehen etwas hinterher. Das ist auf Dauer nervig, entsteht doch immer das Gefühl des Wartens, bis die Animation endlich ausgeführt wurde. Dieses Problem verstärkt sich, wenn die Texte weggeklickt werden, was öfter der Fall ist, wenn Kommentare doppelt anhörbar sind. Manche Szenenbilder sind scrollbar. Wird der Mauszeiger an den Rand geführt, bewegt sich der Hintergrund entsprechend weiter. Die Personen müssen also nicht erst in die Richtung gehen, damit sich umgeschaut werden kann. In einigen Fällen wird näher an einzelne Bereiche herangezoomt, so dass die Grafik anschließend unschärfer wirkt, als sie eigentlich ist. Auch fügen sich die Charaktere nicht immer in die Grafik ein, da sie gröber als der Rest gezeichnet sind.

... wirkt in Nahansichten eher verwaschen

Fazit

Feline Fuelled Games hat mit Sandra and Woo in the Cursed Adventure ein klassisches Adventure geschaffen, welches auf den ersten Eindruck alles bietet, was ein Adventurespieler begehrt. Eine abgefahrene Geschichte, passende Grafik, Point-&-Click-Steuerung, fordernde Rätsel und eine deutsche Sprachausgabe. Dazu kommt eine angenehme Spielzeit von ungefähr zehn Stunden und ein verhältnismäßig niedriger Preis. Leider ist daraus trotzdem ein Spiel geworden, das maximal als Durchschnitt gewertet werden kann. Bis zum Schluss wird nicht klar, welche Zielgruppe der Entwickler erreichen wollte. Die Rätsel sind für Kinder zu schwer, doch das Setting ist eher kindgerecht angesiedelt, während manche Kommentare und Handlungen nicht für Kinderohren und -augen bestimmt sind. Viele Spielabschnitte sind durch die wenigen und zum Teil nicht vorhandenen Hinweise auf ein Ziel und zu erledigende Aufgaben langatmig und daher wenig motivierend. Stattdessen kommt Frust auf, wenn der Spieler irgendwann durch wildes Kombinieren weiterzukommen versucht. Wenn bis zum Schluss durchgehalten wird, ist zumindest ein zufriedenstellendes Ende zu sehen, was heutzutage auch schon Seltenheitswert hat.

Galerie
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Hintergrundinformationen

Feline Fuelled Games hat uns einige Hintergrundinformationen mitgeteilt, welche wir euch nicht vorenthalten wollen:

Sandra and Woo in the Cursed Adventure wurde mit einem Kernteam aus zwei Leuten entwickelt: Der Deutschen Ute Knörzer und dem Österreicher Stefan Müller. Viele weitere FFG-Teammitglieder unterstützten das Projekt mit Spielbestandteilen wie Hintergründen, Minispielen, Animationen oder Musik.

Der Comic Sandra and Woo wird von Powree gezeichnet und von Oliver Knörzer geschrieben, der gleichzeitig der Gründer von Feline Fuelled Games und Sohn der Projektleiterin ist. So wurde es in engem Austausch mit den Comic-Machern entwickelt.

Das Projekt wurde zu einem großen Teil in Open-Source-Software entwickelt, darunter Blender für die Charakteranimationen, Gimp für 2D Grafik und Nachbearbeitung sowie OpenOffice für alle Texte und Dialoge.

Die Entwicklungszeit betrug 4 Jahre. Die Entwicklungssprache war Deutsch.

Die meisten Sprecher sind professionelle Hörbuch-Sprecher, die den Charakteren unentgeltlich ihre Stimmen geliehen haben. Daneben gibt es eine Gruppe von Feline Fuelled Games-Sprechern, die auch in früheren Projekten bereits zu hören waren.

Das Startbudget für die Spielentwicklung betrug 0 Euro. Kleinere Ausgaben für Softwarelizenzen oder Hardware hat das Team aus eigener Tasche bezahlt. Notwendige Zukäufe wurden dem Team vom Comic-Autor gesponsert.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Leider wurde ich mit Sandra and Woo bis zum Schluss nicht warm. Ich habe mich darauf gefreut, endlich wieder ein Point-and-Click-Spiel mit deutscher Sprachausgabe spielen zu können. Doch das alleine reicht einfach nicht. Die Geschichte war nicht motivierend genug, um über die frustauslösenden Rätsel hinwegzusehen. Dazu kamen einige nervige Sprecher, bei denen ich gerne die Sprachausgabe abgestellt hätte. Spätestens als ich auf den Bug gestoßen bin, der ein Weiterspielen unmöglich macht, stand ich kurz vor einem Abbruch. Letztendlich habe ich das Spiel nur beendet, um den Test fertigstellen zu können. Es bleibt die Frage offen, welche Zielgruppe Feline Fuelled Games ansprechen wollte. Dies ist mir bis zum Schluss nicht klar geworden. Allerdings kenne ich den Webcomic nicht. Vielleicht gibt es dort genug Anhänger, die sich für das Spiel begeistern lassen. Den Entwicklern wünsche ich es schon, um den Fortbestand von Point-and-Click-Spielen mit deutscher Sprachausgabe zu begünstigen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Deutsche Sprachausgabe vorhanden
  • klassische Rätselkost
  • nette Animationen...
  • ... die nicht flüssig ablaufen
  • Sprecher zum Teil unpassend gewählt
  • Rätsel häufig nicht logisch
  • nervige Minispiele
  • Zielgruppe nicht erkennbar
  • Geschichte motiviert nicht