Ein sehr gutes Spiel, stellenweise brilliant, aber keinesfalls herausragend.
Sehe ich genauso. Die Physikrätsel sind echt gut geworden und auf jeden Fall innovativ, so etwas gab es noch nicht in dieser Art soweit ich weiß. Zum Glück ist die Schwierigkeit recht einfach gehalten, das hätte man auch übertreiben können.
Die Grafik finde ich sehr gut, aber ich hätte mir auch an einigen Stellen mehr erwartet. Die Charaktere sind aber erstklassig in Szene gesetzt. Die Erwartungshaltung ist wohl das Problem nach all der Zeit.
Die Linearität des Spiels finde ich auch sehr auffällig und entsprechend schlecht. Nicht nur die gescripteten Ereignisse, sondern auch das Leveldesign. Gibt es mal eine Verzweigung, endet einer der Wege in einer Sackgasse. Das wurde schon alles viel besser gelöst. Die ständigen Ladezeiten zerstören auch einiges an Immersion, auch wenn sie recht kurz sind. Alle paar Gänge und Ecken wird man immer wieder aus dem Geschehen gerissen.
Was ich aber mehr als enttäuschend finde, ist die Story. Man wird zu Beginn ins kalte Wasser geworfen, zwischendurch gibt es nur spärliche Info-Happen, und das Ende wurde dann noch offen gelassen - als ich das Spiel beendet hatte, wollte ich gar nicht glauben dass die magere Sequenz schon alles war. Vor allen Dingen die völlige Unabhängigkeit und Distanz zum Geschehen direkt davor - fand ich einfach nur unbefriedigend. Zwischendurch gibt es auch immer wieder Episoden, welche die eigentliche Story überhaupt nicht voran bringen, es geht nur darum, Strecken zu überbrücken. Ravenholm finde ich z.B. total langweilig, das ganze Kapitel ist isoliert vom Rest. Es sollte wohl Abwechslung bringen, aber so völlig vom Rest der Geschichte unabhängig, fand ich es ziemlich öde.
Wenn ich da z.B. an Nolf 1 denke, hat man riesiges Potential verschenkt. Hat bestimmt auch was mit der Entwicklungsdauer zu tun, manchmal habe ich den Eindruck, das Spiel hätte noch den letzten Schliff bekommen müssen. Daher freue ich mich umso mehr auf den dritten Teil.
Was mich nachhaltig beeindruckt hat, waren die letzten Szenen im Spiel, beginnend mit der Zitadelle. Das war für mich Atmosphäre pur. Alles wirkte so fremd, so eigenartig. Und die Fahrten in der Kapsel waren genial. Und dann die Idee mit der Graviationswaffe, das kam einfach nur gut.
Das Ende von HL 2 ist tatsächlich für mich enttäuschend gewesen; da war mir selbst das krude Endmonster von HL 1 noch lieber. Und nach all den genialen Momenten im Spiel (Boot, AntLions als Verbündete, Strider...) hat mich dieses Finale extrem kalt gelassen. Einer der Punkte, die das Spiel in meinen Augen abwerten. Natürlich, es ist ein wirklich tolles Actiongame, aber ich habe (wie ja auch andere hier) noch mehr erwartet. Es ist auf jeden Fall besser gelungen als Doom 3, welches sich doch trotz genialer Athmosphäre zu sehr auf seine schicke Grafik stützt, doch der Vergleich mit FarCry ist da schon viel interessanter:
Technik:
HL2 bietet eine stimmige Welt, Facial Expressions, schönes Shading und eine extrem gut gelungene Physik-Engine, hat leider aber auch teils langweilige und leicht schwammige Texturen, viele Ladepausen und eine sehr eingeschränkte Bewegungsfreiheit. Und es hat keine Spiegel. Der Sound ist fast makellos, klever eingesetzte Musik, deftige Bässe, super Effekte, passende Sprecher. Aber Freeman sagt nichts, was sehr enttäuscht.
Die Gegner-KI ist eine seltsame Sache: Die etwas zu häufig anzutreffenden Combine-Soldiers machen ihre Sache recht gut, suchen Deckung und werfen gezielt Granaten. Trotzdem lassen sie sich sehr leicht übertölpeln und sind nur durch Skripts zu intelligenten Aktionen fähig. Die restlichen Feinde und leider größtenteils auch die Verbündeten fallen durch zwar gute Wegfingung, aber ansonsten viel zu flache Intelligenz auf. Ausnahme sind hier die zähmbaren AntLions, welche zwar auch nur auf Masse statt Klasse setzen, dafür aber wirklich brilliante, unterhaltsame Sprung- und Krabbelmanöver durchführen.
FarCry zaubert eine beeindruckende Außenwelt mit fließenden Übergängen, schönen, sparsam eingesetzten Effekten, tollem Bump Mapping und viel Bewegungsfreiheit auf den Monitor; Kritikpunkte sind hier die auf Dauer etwas abwechslungsarme Inselwelt und die teils zu undetaillierten Innenlevels. Der Sound ist auch hier sehr gut, leider ist die Musik im Spiel viel zu wenig präsent, dafür sind die Effekte toll und die Sprecher machen ihren Job gut. Der Held ist zwar nicht gerade ein Symphatiebolzen, dafür spricht er gern und oft.
Die KI ist trotz einiger kleiner Aussetzer sehr gut gelungen und überzeugt; Gegner greifen koordiniert an, suchen unterschiedliche Wege und bieten immer wieder neue Herausforderungen. Die Wegfindung ist vortrefflich, auch Fahrzeuge werden meist schlau eingesetzt. Nur wenige Skripts sind nötig, die vorhandene Intelligenz reicht meistens für spannende Schießereien voller Spannung und Action aus.
Story:
HL2 fängt großartig an und erzählt eigentlich eine interessante Geschichte - im Verlauf des Spiels tritt diese aber etwas zu sehr in den Hintergrund und blitzt nur an Schlüsselstellen auf. Das Ende lässt den Spieler (oder zumindest mich) unbefriedigt zurück.
FarCry gewinnt zwar keinen Story-Oscar, macht aus der klischeeüberreizten Monster-machen-Rabatz Geschichte dafür eine schweißtreibende Actionorgie, die durch viele Zwischensequenzen und Gespräche fast immer präsent bleibt. Das Ende ist auch hier leider unbefriedigend, macht aber immerhin Lust auf einen Nachfolger.
Sonstiges:
HL2 hat ein standartisiertes und recht zahmes Waffenarsenal; große Ballereien sind aufgrund kleiner Magazine selten drin, richtig gern hat man keine Waffe, außer vielleicht des coolen Revolvers. Brillianter, innovativer Lichtblick hier: Die viel geprisene Gravity-Gun erlaubt ganz neue Manöver, spart Munition und unterhält prächtig. Besonders in der Zombie-Stadt Ravenholm wird sie exzessiv eingesätzt (benutze Farbeimer/Gasflasche/Sägeblatt mit Zombie).
Buchstäblicher Gegner-Höhepunkt sind die gewaltigen Strider, die den Spieler mit ihrer gewaltigen Feuerkraft zu deckungsorientiertem Vorgehen zwingen.
Die beiden steuerbaren Fahrzeuge Boot und Buggy steuern sich nach kurzer Eingewöhnung gut, werden auf Dauer aber etwas langweilig.
FarCry gibt dem Spieler viele Möglichkeiten zur Gegner-Dezimierung, zwingt dabei auch immer wieder zur Wahl zwischen den zahlreichen Knarren, da nur eine begrenzte Anzahl mitgenommen werden darf. Zwar ist keine der Waffen originell, dafür kommt mit vielen schöne Ballerlaune auf.
Dank flotter Steuerung spielen Autos und Boote eine wichtige Rolle und bieten jede Menge Spaß; zudem ist ihr Einsatz meistens optional und nicht wie beim Konkurrenten zwingend erforderlich.
Fazit:
HL2 ist das abwechslungsreichere Spiel; die Action ist insbesondere in der zweiten Spielhälfte fordernd und spannend, wird aber leider durch die schwache Gegner-KI und die irgendwie "unpersönlichen" Waffen getrübt. Grafisch reißt das Spiel wegen seines langen Entwicklungsprozess leider keine Bäume mehr aus, zeigt aber eine realistische Welt, gespickt mit schicken Effekten und toller Physik. Die Story enttäucht insgesamt, obwohl die Spielwelt genug Potential liefert.
FarCry ist trotz seines im Vergleich höheren Alters grafisch mindestens ebenbürtig und als Actionspiel vielleicht sogar leicht überlegen. Auf Dauer ist es aufgrund seiner insgesamt zu gleichen Schausplätzen ein klein wenig langweiliger und uninteressanter als HL2, dafür aber auch in den Außenlevels weitaus nicht-linearer. Die Gegner sind schlau, was die Ballereien zur abwechslungsreichen, fordernden Momenten macht. Storytechnisch ist die mangelnde Kreativität der Drechbuchschreiber zu verurteilen; immerhin wird die Idee konsequent umgesetzt.