Herzliche Glückwünsche auch von mir, und ein Danke an alle Autoren! Kurz vor knapp habe ich es geschafft, die Spiele alle zumindest soweit anzuspielen, dass ich eine Bewertung abgeben konnte. Mittlerweile habe ich alle beendet und bin so frei, im Folgenden ein paar Rezensionen dazu einzustellen (außer für "Der Turm des Hexenmeisters", das ich ja schon Anfang April gespielt habe und zu dem meine Erinnerung nicht mehr frisch genug ist). Die Reihenfolge ist diejenige, in der ich gespielt habe - dass dies fast genau die Reihenfolge des Abschneidens der Spiele in der Gesamtwertung ist, ist also reiner Zufall.
Sollten die Rezensionen hier und da etwas scharf rüberkommen, bitte ich um Entschuldigung. Letztlich hatte ich mit allen Spielen meinen Spaß und zolle jedem Autor meinen Dank und Respekt für die Arbeit, die er in diese Werke gesteckt hat!
Das Versteck des Meisters - eine Art Exitgame
Da ich ein großer Fan von Exitgames bin, weckte der Titel auf jeden Fall mein Interesse. Die Ausgangssituation des Spiels ist derjenigen von "Der Turm des Hexenmeisters", das ich zuvor gespielt hatte, verblüffend ähnlich: Man begibt sich in die Wohn- und Arbeitsstätte eines Magiers, um dort ein besonderes Artefakt zu finden. In diesem Fall soll eine Drachenklaue gestohlen werden. Diese ist auch recht bald entdeckt, und sie in Besitz zu nehmen, erweist sich als einfacher als erwartet. Ab da wird das Spiel allerdings seinem Untertitel gerecht, denn nun stellt sich die weit schwierigere Herausforderung, wieder nach draußen zu gelangen ...
Das Spiel läuft als Windows-Anwendung und bietet angeblich verschiedene Modi: Entweder man spielt im Multiple-Choice-Modus, wo man jeweils aus einer vorgegebenen Anzahl von Möglichkeiten auswählt, was die nächste Aktion sein soll. Oder - die Option für Profis - man agiert klassisch per Texteingabe. So sollte es jedenfalls wohl funktionieren. Ich startete mit letzterer Option; als ich später auf die erste Variante umschalten wollte, musste ich allerdings feststellen, dass dies nichts bewirkte, warum auch immer. Jetzt nach einem Rechnerneustart sehe ich rechts ein Menü mit den Gegenständen und Optionen, aber ich könnte schwören, dass dies gestern während des Spielens bei mir nicht zu sehen war. Auch die Option, Gegenstände, mit denen man interagieren kann, im Text wahlweise hervorzuheben oder nicht, ließ sich bei mir scheinbar nicht abschalten. Dass die Optionen nicht alle richtig fehlerfrei sind, ist dem Autor laut einem Infotext aber wohl auch bewusst.
Der Grund, warum ich überhaupt von der "klassischen" Methode auf die Multiple-Choice-Variante wechseln wollte, war die unzureichende Implementierung ersterer. Exemplarisch dafür sei eine Szene gleich kurz nach Anfang des Spiels zitiert, an der ich versucht habe, ein gefundenes Pulver mit einer Kerze anzuzünden:
Nur weil die Anzahl benutzbarer Gegenstände in dieser Phase des Spiels noch sehr beschränkt ist, habe ich nach den ersten vergeblichen Versuchen doch noch die richtige Umschreibung für das gefunden, was ich tun wollte. Später, mit etlichen Möglichkeiten mehr, gelang mir das oft nicht mehr. Hinzu kam das Problem, dass an mindestens einer Stelle ein Objekt nicht vollständig im Text beschrieben wird und einem somit ein wichtiges Detail desselben, mit dem man interagieren muss, völlig entgeht. All das frustrierte mich während der Spieldauer leider zunehmend, so dass ich ab einem gewissen Punkt nicht mehr groß knobelte, sondern mich direkt an der integrierten und löblicherweise stufenweise einsehbaren Komplettlösung orientierte. Selbst damit brauchte ich teilweise noch mehrere Anläufe, bis ich die vom Spiel vorgesehene Umschreibung einer Aktion gefunden hatte.
Schade, dass die Technik so schlecht funktionierte, denn inhaltlich war das Spiel durchaus interessant, hatte einige gelungene Rätsel und auch Humor zu bieten (
"> nimm eule". - "Die Eule war auf dem Sims festgeklebt. Vermutlich ein Klimaschützer."
).
Meine Bewertung: Note 3
Auf dem Wildkatzenberg
Es gehört schon einiges an Nerdigkeit dazu, um im Jahr 2024 noch Textadventures zu programmieren - oder zu spielen. Offenbar gibt es dennoch Menschen, denen das nicht genügt und die noch einen draufsetzen, indem sie im Jahr 2024 Textadventures für den Commodore 64, kurz C64, schreiben. C64 - das weckt dunkle Erinnerungen an ein hässliches graues Gerät aus meiner Kindheit, auf dem sich Perlen wie "Summer Games" oder "Hades" spielen ließen, mit dem ich aber vor allem die rätselhafte Meldung "Syntax Error" verbinde. Ohne zu wissen, was zur Hölle mit "Syntax" gemeint war, hatte ich ziemlich schnell verstanden, dass diese oft auftauchende Meldung nichts anderes als "Läuft nicht" bedeutet. Wie auch immer, jedenfalls scheint es nach wie vor einen gewissen Fanclub dieser Apparate zu geben, dessen Schnittmenge mit der Menge der Textadventure-Autoren eine statistisch signifikante Größe hat. Das schließe ich aus der Tatsache, dass ich mit "Auf dem Wildkatzenberg" nun schon das zweite C64-Textadventure dieser Art innerhalb von ca. einem Monat spiele (das erste war das englischsprachige "Artful Deceit" aus der letzjährigen IF-Competition).
Diesem Umstand war es auch zu verdanken, dass mich weder der für heutige Verhältnisse doch sehr rudimentäre Parser noch die quälend langen Wartezeiten, die - zumindest bei dem von mir verwendeten Emulator Vice - beim Abarbeiten eines Befehls auftraten, völlig unvorbereitet trafen. Mit ersterem konnte ich mich sehr gut arrangieren - immerhin bleiben einem dadurch nervige "Guess-the-verb"-Aktionen einigermaßen erspart, wenn man hauptsächlich durch das mehrfache Anschauen von Objekten alles erfährt, was es über diese zu erfahren gibt (eine sehr oft zu verwendende Methode in diesem Spiel). Die langen Wartezeiten hingegen kannte ich zwar schon, weniger nervig waren sie dadurch aber nicht. Wenn man quer über das Spielareal durch ca. 8-10 Lokationen gelaufen ist, nur um dann festzustellen, dass man einen entscheidenden Gegenstand vergessen hat, und daher noch einmal zurück und dann wieder her laufen muss, so wird das bei Ladezeiten von 5-10 Sekunden pro Screen schon zu einem echten Geduldsspiel und Zeitfresser. Dies mag wie gesagt dem Vice-Emulator geschuldet sein, mit anderen Emulatoren oder anderen Einstellungen habe ich es nicht getestet. Wodurch die Sache noch wesentlich verschlimmert wird - und hier frage ich mich wirklich, ob der Autor glaubt, dass so etwas den Spielspaß erhöht, ob er ein Sadist ist, oder ob es irgendwelche technischen Notwendigkeiten dafür gibt - ist das Inventarlimit: Man darf nur 6 Items gleichzeitig bei sich tragen! Also ist man gezwungen, irgendwo ein Depot anzulegen, und kann das viele Herumlaufen nicht einmal durch sorgfältiges Absuchen vermeiden ...
Durch die langen Ladezeiten kommen schnell ca. zwei Stunden Spielzeit zusammen. Erwähnt sei noch, dass man diese auch nicht auf mehrere Sessions verteilen kann, da es leider keine Speicherfunktion gibt. Immerhin lief das Spiel bei mir aber stabil ohne Abstürze.
Soviel zur Technik. Inhaltlich geht es darum, dass man irgendwo in den Alpen eine Frau trifft, die ihren Ehering verloren hat. Natürlich bietet man sich sofort an, ihr bei der Suche zu helfen. So weit, so unaufgeregt. Die Suche führt unter anderem zu einer Berghütte und auf den Gipfel des namengebenden Wildkatzenbergs. Vermutlich weil ich sehr gern in den Alpen wandere und das Spiel mir Lust auf die nächste Hüttentour gemacht hat, fand ich das Setting durchaus ansprechend. Auch rätseltechnisch war es ok: Es gilt einige Rätsel zu lösen, die aber alle ziemlich fair waren, gerade auch aufgrund des beschränkten Parsers, der nicht zu viele Möglichkeiten lässt, und der eher knappen Beschreibungen der Locations.
Meine Bewertung: inhaltlich Note 2, wegen der veralteten Technik leider Abzüge auf Note 3
Staub
Bei "Staub" handelt es sich um ein Spiel im Wildwest-Setting. Man spielt einen jungen Mann mit etwas unklarer Hintergrundgeschichte, der morgens im Gastzimmer eines Saloons aufwacht und alsbald in eine Geschichte um die Entführung einer jungen Frau und einige dubiose Kerle, die anscheinend eine alte Miene in Beschlag genommen haben, hineingezogen wird. Natürlich gibt es auch alles, was ein zünftiger Western sonst so braucht: Einen zugigen Grabhügel, einen Krämerladen, den Sheriff, heulende Kojoten und, wie der Titel schon sagt, viel Wüstensand und -staub.
Rätseltechnisch bietet das Spiel einige klassische Inventarrätsel, die allesamt logisch und nicht zu kompliziert sind. Zumindest wenn man den Hinweis beachtet, dass für die Lösung nur acht verschiedene Verben benötigt werden, wobei alle kompexeren Aktionen wohl durch "Benutze ..." abgedeckt werden. Ich hatte diesen Hinweis nicht gelesen, was zu Szenen wie der folgenden führte. Dramatis Personae: Ein Abgrund, ein Felsblock an dessen Rand, ein Seil.
Auch hier also wieder Probleme mit dem Parser. Allerdings waren solche Stellen sehr selten, und ich habe nur an einer Stelle in die Hints schauen müssen.
Der zweite Typ "Rätsel" lässt sich einfach dadurch lösen, dass man mit der richtigen Person zur richtigen Zeit spricht. Die Dialogoptionen werden aus Multiple-Choice-Menüs ausgewählt, so dass man hier nicht viel falsch machen kann. Stilistisch fand ich die Dialoge teilweise recht flapsig und nicht ganz zu der eigentlich ernsten Szenerie passend.
Am Ende gab es noch einen schönen Showdown, auch dieser wieder ganz zur Western-Szenerie passend. Und im Epilog deutete sich bereits ein Nachfolger-Spiel an, auf das ich mich dann schon freue.
Meine Bewertung: Note 2
Die Zuschauer
Schauplatz dieses Spiels ist ein herzöglicher Palast im Ferrara des 16. Jahrhunderts. Man spielt kapitelweise verschiedene Bedienstete des Herzogs und seiner jungen Frau. Diese muss man in den Abschnitten einerseits ihre jeweiligen dienstlichen Pflichten erfüllen lassen, andererseits helfen ihre persönlichen Ziele zu erreichen. Wenn man in den Gesprächen, die man führt, aufpasst, und sich die Umgebung anschaut, liegt die Lösung für diese Aufgaben aber meist auf der Hand, wirklich herausfordernde Rätsel stellen sich nicht. Quasi nebenbei werden die Dienstboten zu Zeugen - beziehungsweise den namensgebenden Zuschauern - der offenbar (neudeutsch) toxischen Beziehung des Herzogspaars ...
Mir hat diese Mischung aus "Downton Abbey" und "Versailles 1865" sehr gut gefallen. Auch wenn die zu erledigenden Aufgaben weder sonderlich spannend noch herausfordernd waren, so war durch die Wechsel von Ort, Zeit und Protagonisten immer genug Abwechslung geboten, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Die Dialoge waren interessant, passten zu den jeweiligen Rollen und hatten genau die richtige Länge.
Ich habe in diesem Spiel auch keine ernsthaften Probleme mit dem Parser festgestellt. Einige in den Beschreibungen erwähnten Dinge ließen sich nicht näher untersuchen, aber das waren eher Einzelfälle. Außerdem ist mir ein Fehler im letzten Abschnitt aufgefallen, wo ich auf den Versuch, mich ins Bett zu legen, die Antwort bekam, dies sei mir "als einfacher Malerlehrling" nicht gestattet, obwohl ich in diesem Kapitel kein Malerlehrling mehr war.
Anzumerken sei noch, dass dieses Spiel offenbar nur die deutsche Übersetzung eines bereits existierenden Textadventures ist. Ich hatte an ein paar Stellen den Eindruck, dass die Formulierung etwas hölzern wirkte, dies würde ich dann der Übersetzung anlasten. Alles in Allem haben die Übersetzer aber sehr gute Arbeit geleistet.
Meine Bewertung: Note 1